Seelenverwandtes sammelt und trifft sich gern
Natürlich stammt das Wort Buch vom Baum Buche ab, wie sollte es anders sein? Konnten doch die Buchstaben sehr gut auf diesem Material eingeritzt werden, selbst im Begriff Buchstabe kann man die Artverwandtschaft Stab, Holz nachvollziehen. Vielleicht wurden Aufzeichnungen auch auf Eschenholz geritzt, gleichwohl hat sich aber im Sprachgebrauch das Buchenholz durchgesetzt.
Dieser Text möchte aber nicht auf wissenschaftliche Abhandlungen darüber ausschweifen. Fakt ist, unsere Vorfahren schrieben unter anderem auf Holz, beziehungsweise ritzten. Fakt ist auch, daß die einzelnen Blätter eines Buches wieder einen Hinweis auf das Gewächs Baum ergeben. Sinnbildlich kann man demzufolge den Gedanken nicht verwerfen, daß der Baum, als die am längsten lebende Pflanzenart, das Wissen über Jahrhunderte weiter geben kann und deshalb die Namensgebung am besten veranschaulicht.
Desweiteren werden Bäumen in den Mythologien verschiedenartige Kräfte zugesprochen, teilweise in esoterische Richtung, aber auch in Bezug auf Heilwirkungen. In Büchern finden sich also alle nur möglichen, erdenklichen Gedankengüter. Vielleicht deshalb die Aussage: Papier ist geduldig?
Der Hinweis darauf, nicht alles was so geschrieben wird, entspricht der Wahrheit, oder wird tatsächlich, im Falle von Planung, Gesetzesentwürfen in die Tat umgesetzt. Nichtsdestotrotz erleben wir in großen Bibliotheken ähnliche Gefühle wie an bestimmten Plätzen im Wald, eine tiefe wissende Ruhe, flirrende Emotionen, bedrückende Kraft. Erinnern wir uns, so sind die Flut der Bücher und damit der Zugang zu ihren Inhalten gar nicht so viele Jahre her. Noch bis etwa Mitte des letzten Jahrhunderts waren Bücher teils unerschwinglich und nicht in jedem Haushalt zu finden. Dies lag mitnichten immer nur am Desinteresse der Menschen, sondern eben auch an den materiellen Möglichkeiten. Bücher waren bisweilen Wertanlagen.
Dies war sicherlich mit ein Grund, warum einige Bücher nicht nur einmal, sondern mehrere Male gelesen wurden, und man viel eher Menschen fand, die über den Inhalt eines Buches mit anderen vertiefende Diskussionen führten. Mit zunehmenden Auflagenzahlen verringerte sich aber das Interesse einer intensiveren Auseinandersetzung mit den Inhalten. Außer bei gewißen beliebten Buchreihen, die teilweise gar verfilmt wurden und einen regelrechten Hype durch sämtliche Generationen und Gesellschaftsschichten auslöste. Und Menschen, die diesem „Fieber“ nicht verfallen waren, wurden unverständliche Blicke zugeworfen.
Obwohl Bücher sozusagen zur Massenware geworden sind, gibt es unter ihnen einige, die wahre Schätze und für den einen oder anderen nicht mit Gold aufzuwiegen sind. Dies sind die Bücher, in denen man die Seitenstelle, auf der ein prägnanter Satz steht, kennt, bei denen man die Aussage eines Abschnittes als persönliche Emotion fühlt, bei denen man sogar den Geruch der Umgebung in sich aufnehmen vermag. Der Verlust eines solchen Buches schmerzt ebenso sehr wie der aus Kindertagen in Erinnerung bleibende Baum, der gefällt wurde.
Doris Mock-Kamm
Ja, es stimmt. Manche Bücher sind wirklich besonders. Schon aus diesem Grund lese ich keine eBooks ;-)
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