Zwischen Kriegsszenarien und Feierabend
Krisenstimmung in den Wohnzimmern deutscher Haushalte, wenn die Glotze tagtäglich über Massendemos und weltweite Kriege berichtet, Bilder des Grauens und des Haßes zeigt? Während er sich sein wohlverdientes Feierabendbier gönnt, sie das Abendessengeschirr in die Küche trägt, um die Spülmaschine zu füttern, der Sohnemann Ballerspiele in seiner chaotisch unaufgeräumten Bude spielt, die pubertierende Tochter längst auf Achse sich befindet mit einer Clique älterer Jungs und ihrer besten Freundin, statt bei dieser schön brav Bravo-Hefte zu lesen, was Mama ja ebenso mal tat.
Ein ganz gewöhnlicher Alltagsabend, ohne irgendwelche nennenswerte Vorkommnisse? Weit gefehlt! Mutter Erde blickt einer nie dagewesenen Zerstörungslust entgegen, die einzig und allein nur eine Spezies zustande bringt: der Mensch selbst. Anstatt aus seinem jahrtausendealten Erfahrungsschatz auch nur das mindeste an weisen Erkenntnissen umzusetzen, verrennt er sich nonstop in das gegenseitige Bekriegen, ständig dem Reichtum hinterherhechelnd, bloß in jedem einen Konkurrenten sehen zu wollen.
Was nutzen hierbei die vielen philosophischen Gedanken, eine ganze Flut toller Bücher über Verständnis, Liebe und Zusammenhalt, wenn ein paar wenige Kleingeister in ihrer Bösartigkeit den Weg der Zerstörung anordnen? Stets mit der bekundeten Absicht, im Sinne des Friedens zu handeln? Das Gegenteil droht somit der Menschheit. Ein immerwährender Prozeß ohne die geringste Chance auf dauerhaften Frieden. Dort, wo er über Jahrzehnte gnädigerweise anhalten durfte, denken wir an Europa, außer ans alte Jugoslawien, an die USA, die noch niemals wirklich angegriffen wurde, von Japans kurzen Angriffen auf Pearl Harbour auf einer der Hawaii-Inseln im Pazifik gelegen mal abgesehen, gab es somit Friedenszeiten für die Bevölkerung. Außerhalb tobten stets die Stellvertreterkriege.
Inzwischen schaut es erneut schlecht für Europa aus, die nicht weit entfernten Kriege in der Ukraine und in Syrien mögen schnell derart eskalieren, daß manch größenwahnsinnige Gesellen meinen, sie könnten Russland provozieren und gar angreifen. Etliche Versuche fruchteten bisherig noch nicht, aber taktisch perfide Ideen gehen bösartigen Wesen wohl niemals aus, beflügelt vom Herrschaftsgedanken, sich den Rest der Welt einzuverleiben. Und die Völker lassen dies fast schon ohnmächtig gleichgültig zu, weil oftmals Hoffnungsgedanken sie zu beruhigen versuchen, daß verantwortungsbewußte Politik dies verhindern wird.
Ein kurzer Blick in die Vergangenheit straft aber jene Illusion zugleich ab. Sie werden ohne mit den Wimpern zu zucken, ihre Ziele eiskalt und menschenverachtend durchsetzen, weil Vernunft nicht zählt, sondern einzig und allein die Erhaltung der eigenen Macht. Solange die Menschheit weiterhin tatenlos all jene Kräfte gewähren läßt, ändert sich nichts, kann der Weg der Zerstörung ungebremst sich fortsetzen zum Leidwesen sämtlichen Lebens auf Erden.
Die Tochter liegt in irgendeinem fremden Bett, ein nach hause kommen ausgeschlossen, das Geknatter von Maschinengewehrsalven ertönt im Zimmer des Sohnemannes, die Glotze zeigt keinen Schnee wie früher, nonstop werden Telephonnummern wiederholt, Mama liegt schnarchend allein im Ehebett, weil Papa auf dem Sofa eingenickt, es müffelt nach abgestandenen Bier im hell erleuchteten Haus der Familie.
Lotar Martin Kamm